zeichen-sprache ::

eine ein-führung in die zeichen-sprache

"zuerst male ich, dann denke ich"


[vorwort aus dem zeichen-buch "gespräch mit dem leser"]

wanderer zwischen den welten

lieber leser,

hiermit habe ich das vergnügen, dir ein junges und zugleich uraltes geschöpf vor-zustellen, ein wesen, das die von uns in jahr-hundertelanger mühevoller geistes-arbeit aufgestellten grenzen zwischen den sicht-baren und un-sichtbaren welten mühelos über-schreitet: einen wanderer zwischen den welten, der meine zeichen-feder in einer weise benutzt hat, die es mir nun un-möglich macht, mich als her-steller dieses büchleins zu betrachten.


denn in dieser unserer welt kann nichts ge-schaffen, nichts ge-schöpft werden. alles war schon, alles ist schon, und alles wird immer sein in der seins-welt, die wir irr-tümlich oder ab-sichtlich auf-teilen in "sicht-bare" und "un-sichtbere" welt, in "wahre" und "falsche" welt, in "aussen-welt" und "innen-welt". denn für das sein (= das was ist) gibt es keine grenzen. die wahr-nehmungen, die gegen-stände und die ein-drücke, die sie im be-obacht-er hervor-rufen, werden weder er-schaffen noch ge-schöpft, sondern nur von unserem bewusst-sein (= gewusst-sein, = wissen, dass ich anders bin) ent-deckt und wieder-erkannt.

wir sind alle her-steller, wir sind alle "künst-ler", denn ein künstler schöpft nichts neues, er ent-deckt nur dinge, in sich und ausser-halb, die seit jeher in uns und um uns schlummern, da sind.


alles, was ist, das heisst alles, was (für -) wahr-nehm-bar ist, ist kunst und künstler zugleich, da es immer die möglich-keit einer ent-deckung und er-weckung und neu-aus-legung oder wandel in sich ein-schliesst.

oder besser gesagt: es gibt nicht den künstler, sondern es gibt nur die kunst der wahr-nehmung, das heisst die möglichkeit und fähig-keit der "dinge", auf vieler-lei weise "gesehen" zu werden.

kunst, das ist lediglich der augen-blick der ent-deckung. und alles was ist (= alles was wahr-nehm-bar ist) ist ein potentieller ent-deckungs-träger seiner viel-fältigen er-scheinungs- und aus-drucks-möglichkeiten, und deshalb künst-ler und kunst-werk zugleich.

kunst ist der vor-gang des auf-deckens, und dieser wird vom gegen-stand hervor-gerufen und oder vom be-schauer, je nach der not-wendigkeit. der "künstler" ist nur der aus-fühernde, das werk-zeug dieser ent-deckung, des aus-tauschens von ein- und aus-drücken, des sich vor-zeigen des gegen-standes, in dem dieser seine un-zählbaren ge-sichter dar-stellt, und der sehn-sucht des wahr-nehmers, mit der dieser seine un-ruhe be-friedigen will oder muss oder darf.


auch dieses vor-liegende büchlein ist, wie jedes her-gestellte werk, ein potentieller träger von ent-deckungen, er-öffnungen und dar-stellungen.

in seiner be-greifbaren form ist es nichts als eine an-sammlung von papierenen blättern, ein jedes be-deckt mit einer hauchdünnen schicht schwarzer farbe in linien-form. eine jede dieser zeichnungen hält einen augen-blick fest, der aber durch seine "material-isierung" (durch farbe und papier) nun zum gegen-stand und somit zum potentiellen träger von ent-deckungen geworden ist.


beim akt des ent-stehens, oder her-stellens, ist die zeichnung ein einzelner augen-blick, heraus-geschöpft aus dem unend-lichen meer der ge-sichte, das unser sein aus-macht. die zeichnungen dieses büchleins sind augen-blicke des da-seins, speziell in be-zug zur mit-teilung. und mit-teilung ist eine ver-bindung, eine brücke die das bewusst-seins zwischen dem "drinnen"und dem "draussen" baut, zwischen dem "ich" und dem "anderen" in unserem vorge-stellten "selbst". ich gab dem büchlein den titel "gespräch mit dem leser", da ich den leser als einen unter-haltungs-bedürftigen und mit-teilungs-sehn-süchtigen ansehe, der das gespräch sucht: er will etwas mit-geteilt bekommen, er sucht nach einem unter-halt, er will teil sein auch von dem, was ausser-halb seiner ich-grenzen (= wissens-grenzen) liegt, er will eins sein mit allem.

und genauso ist auch der her-steller eines werkes ein mit-teilungs-süchtiger: auch er will das, was er als "in-sich-drin" betrachtet, mit anderen teilen und so seine ver-meint-liche einsam-keit über-winden und in eine all-sam-keit ver-wandeln. das durch seine materialisierung her-gestellte werk ist durch diese seine ver-körperung nun vom her-steller un-abhängig geworden und wurde so zur potentiellen brücke zwischen der einsam-keit des her-stellers und der einsam-keit des lesers.


dieses büchlein be-leuchtet und be-trachtet die verschiedensten aspekte der mit-teilung zwischen den unter-schiedlichen dingen:

- zwischen dem bewusst-sein (= dem was ich weiss) und dem sein (= dem was ist),
- zwischen dem "ich" und dem "anderen",
- zwischen dem gegen-steher und dem gegen-ständlichen.


es ist in fünf teile aufgeteilt:

- das vor-wort, wärmt das gefühl des lesers für das thema der mit-teilung an
- das erste buch be-leuchtet die sprache als mit-teilungs-träger
- das zweite buch be-zeichnet ein-sprachen und selbst-gespräche

- das dritte buch be-handelt zwie-gespräche zwischen dem "ich" und dem "anderen" (= dem anderen "ich")

- zum schluss führt das nach-wort, den leser dann wieder dahin zurück, woher er gekommen ist, be-reichert nun vielleicht durch neue ent-deckungen.


das haupt-thema dieses büchleins ist die mit-teilung. das ist der ver-such oder die not-wendig-keit, die grenzen des "ichs" zu über-schreiten, die fenster und türen öffnen, damit das "ich" seinen kerker verlassen kann, damit es hinaus-fliessen kann und "anderes" hinein. das "ich" ist ein lebendiges wesen, das sich be-wegen will, das wachsen will, das sich über die grenzen seines wissens hinaus aus-dehnen will, um seinen natürlichen und ur-zu-stand des "alles-seins" wieder zu ent-decken.

das "ich" will sich wieder mit dem durch das be-wusstsein ab-geteilten, durch das wissen aus-gestossenen "anderen" ver-einen, will feind-bilder ab-bauen, will mit den gegen-ständen wieder freund-schaft schliessen und wieder in einer heilen, un-geteilten welt leben.

denn was das "ich" im "anderen" wahr-nimmt, ist nichts mehr als das ver-drängte "andere ich", ist das "nicht-gewusste ich", vor dem das sich wissende, be-wusste "ich" angst hat, weil es meint, es wäre "sein" tod-bringer.


angst ist der kon-flikt zwischen dem gewussten und dem nicht-gewussten "ich",wobei der gegen-stand das gegen-ich ver-körpert: das "ich" er-ahnt, dass es beides, das be-wusste und das nicht-gewusste ich, in wirklich-keit gar nicht gibt, sondern beides luft-schlösser sind des über-reizten bewusst-seins.

die mit-teilung dient zum ab-bau dieser ein-gebildeten bewusstseins-angst: man will durch sie wieder-entdecken, dass es keinen grund zur angst gibt, dass alles immer alles ist, un-teilbar, un-trennbar, un-unterscheid-bar.


die mit-teilung dient zur suche nach dem un-gewussten "ich" im an-genommenen "nicht-ich", im "anderen". mit-teilung ist ein ver-such der an-näherung des ich-seins über das "anderes-sein" an das alles-sein. denn das ich-sein schliesst alles andere in sich ein, so wie auch das "andere" alle "ichs" be-inhaltet.

durch die mit-teilung ver-sucht das "ich", sich mit-zuteilen, ein mit-teil zu sein vom "anderen" und gemein-samkeiten im "anderen" zu ent-decken, um das "ich" als einen teil vom "anderen" wahr-zu-nehmen, um so das "ich" und das "andere" ver-eint in die un-trennbare gemein-schaft des alles-seins zurück-zuführen, aus der es durch das wissen (= bewusst-sein) aus-gestossen wurde.

die mit-teilung führt zur ent-deckung, dass alles "ich" ist, und dass ich "alles" bin, dass alles eine gemein-schaft ist, dass alles eine mit-teil-schaft ist, dass alles un-teilbar ist, dass es keinen unter-schied gibt zwischen dem "ich" und dem "anderen", ja, dass es im grunde nur "alles" gibt, das nichts aus-schliesst und darum auch nichts ein-schliesst und darum auch weder ist noch nicht-ist.


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